Im Urlaub verzichten Menschen mit Asthma gern auf atemberaubende Erlebnisse, aber nicht auf Spaß und Erholung. Gerade während der „schönsten Zeit des Jahres“ möchte sich niemand die Lebensfreude durch Symptome einer chronischen Erkrankung vermiesen lassen. Glücklicherweise kann das durch kluge Vorbereitung recht zuverlässig gelingen.
Erholung in den Bergen und am Strand
Jahreszeit und Reiseziel sind die wichtigsten und wirkmächtigsten Entscheidungen. Im Sommer sind die ohnehin populären Destinationen im Gebirge und am Meer besonders attraktiv. So ist die Luft oberhalb von 1.500m weniger mit Staub, Pollen und Ozon belastet. Viele Pflanzen, deren Blütenstaub als Allergen wirkt, kommen in den hochgelegenen Landschaften nicht vor oder sie haben eine verkürzte Blühphase. Hausstaubmilben und auch Stechmücken sind dort kaum noch anzutreffen. Andererseits ist die Luft in hohen Lagen „dünn“. Aufgrund des geringeren Luftdrucks enthält die Atemluft bei vergleichbarer Temperatur weniger Gasmoleküle und damit auch weniger Sauerstoff pro Atemzug als im Tal oder an der Küste. Zudem können in den Bergen frühmorgens auch im Sommer markante Kältereize auftreten, die gerade bei körperlicher Anstrengung Verkrampfungen der oberen Atemwege provozieren können. „Im Frühtau zu Berge“ zu ziehen ist eine Exkursion, die womöglich Exazerbationen verursacht. Wer jedoch seine persönliche“Wohlfühlhöhenlage“ kennt, kann in den Bergen einen unbeschwerten Aktivurlaub verbringen. In fast allen Ferienregionen kann man elektrisch unterstützte Fahrräder mieten und so die Wandertouren um weiter reichende Ziele ergänzen. Die Akkuunterstützung garantiert einen Heimweg ohne sich übermäßig anstrengen zu müssen, wenn die Kondition schon ermattet.
Das gilt auch für den Urlaub an der Küste; die Steigung heißt hier Gegenwind. Auch bei stabilem Hochdruckwetter entwickelt sich aufgrund thermischer Effekte tagsüber eine Luftströmung von See zum Land (Seewind) und nachts von Land in Richtung See (Landwind). Damit ist garantiert, dass mit der leichten Brise immer feuchte salzhaltige Seeluft an Küste und Strand strömt, die im Sommer kühlt, Allergene und Ozon verweht und die Schleimhäute der oberen Atemwege beruhigt. Zudem schrumpft der Wärmepuffer Meer den Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht, so dass markante Temperaturwechsel oder Extremwerte selten auftreten. Das gilt auch für wassernahe Ferienorte wie Kreuzfahrten zur See oder auf den großen Flüssen.
Selbstmanagement bei Städtereisen
Wer kulturbeflissen Städtereisen bevorzugt spürt selbst, dass großräumige geschlossene Siedlungen an Sommernachmittagen zu Hitzeinseln mit Feinstaub- und Ozonbelastung werden. Eine Unterkunft am Stadtrand ermöglicht bei Bedarf in luftig kühle Umgebung mit schadstoffarmer Atemluft auszuweichen, die ein Innenstadtquartier nicht bieten kann. Es ist klug im sonnigen Süden für diesen Pendelverkehr im Auto oder ÖPNV Belastungsreserven einzuplanen. Das gilt auch für die An- und Abreise, denn der Erholungseffekt des Urlaubs soll nicht schon während der Heimreise aufgezehrt werden.
Hierzulande und alsbald auch in Österreich unterstützt die App breazyTrack das Selbstmanagement während der Reise. Zu Hause kennt man die Probleme aufgrund besonderer Wetterlagen oder anderer Umwelteinflüsse, andernorts fehlt die Routine . Hier vermittelt ortsgenaue Informationen hilfreiche Sicherheit. Mit dieser Unterstützung kann man sich trotz Asthma im Urlaub genauso souverän bewegen wie zu Hause.
Gut vorbereitet schneller reisen
Bei Fernreisen bietet sich deshalb die Bahn oder das Flugzeug an. Auch Menschen mit Asthma können diese Verkehrsmittel nutzen, sofern sie ihre Erkrankung aktuell gut „im Griff“ haben und der letzte Belastungstest noch nicht allzu lange zurück liegt. Als Mindestanforderungen für eine Flugreise gelten:
- Sauerstoffsättigung von 85 %
- arterieller Kohlendioxidpartialdruck von 70 mmHg
- Atemvolumen von 3 l pro maximalen Atemzug
- FEV1 von 70 %.
Dieser Sicherheitspuffer ist notwendig, da der Kabinendruck während eines Fluges dem Luftdruck auf rund 2.500m Höhe entspricht. Damit ist die Sauerstoffsättigung der Atemluft in der Flugzeugkabine geringer als am Boden und die geringe Luftfeuchte reizt die Bronchien zusätzlich. Auch aus diesem Grund ist es besser, spezielle Arzneimittel griffbereit im Handgepäck mitzunehmen. Für Arzneimittel in Pulver- oder Tablettenform wie antiallergischen Medikamente (Antihistaminika) ist das kein Problem; typische Asthma-Sprays gelten dagegen als Flüssigkeiten und dürfen oft nur in kleinen Gebinden im Handgepäck mitgenommen werden. Über die aktuellen Vorschriften informiert das Reisebüro oder die Fluggesellschaft.
Solides Selbstbewusstsein für optimales Urlaubsvergnügen
Bei der Organisation des Urlaubs oder der Buchung im Reisebüro darf man auch fragen, ob die Unterkunft für Menschen mit Asthma geeignet ist, ob beispielsweise der Kontakt zu bestimmten Allergenen wie Milben oder Haustierhaare ausgeschlossen werden kann. Eine Klimaanlage lindert die Wärmebelastung, reizt aber die Atemwege durch trockene Luft und provoziert womöglich Kältereize bei Betreten des Zimmers sowie einen Hitzeschock beim Weg auf die Straße. Eine kurze Städtereise fordert von Menschen mit Asthma ein sensibleres Selbstmanagement als ein zwei- bis dreiwöchiger Urlaub an der See oder in den Bergen. Alternativ dazu bietet sich eine Urlaubsreise im späten Frühjahr oder zu Herbstbeginn an. Dann fällt es leichter, die Wirkung der Umwelteinflüsse zu berücksichtigen und einen entspannten Urlaub zu genießen. Der „aktive Tag“ ist dann sehr wahrscheinlich sogar länger als im Hochsommer.
Als Erinnerungslektüre aber auch zur nachhaltigen Verbesserung des Selbstmanagements hat sich ein Urlaubstagebuch bewährt. Wie war an diesem Tag das Wetter, was habe ich unternommen, was habe ich gegessen und genussvoll getrunken — und wie habe ich mich dabei und am Folgetag gefühlt? Wer besonders gewissenhaft ist, kann auch Medikamente und Messwerte eintragen. Diese Notizen helfen als Gedächtnisstütze bei den Urlaubserzählungen für Freunde und Familie und speichern wertvolle Informationen für zukünftige Reiseplanungen. Denn eins ist sicher: Schon kurz nach Ende des Urlaubs freut man sich schon auf den nächsten.
Holger Westermann