Interview mit Prof. Dr. med. K.-Christian Bergmann
Facharzt Atemwegs- und Lungenerkrankungen / Innere Medizin / Allergologie
Herr Prof. Dr. med. Bergmann, können Sie sich bitte kurz vorstellen?
Als Arzt für Atemwegs- und Lungenerkrankungen sowie Allergologie arbeite ich im Institut für Allergieforschung der Charité. Mein Schwerpunkt dort ist die ambulante Betreuung von Patienten mit schwerem Asthma.
Das Asthma bronchiale ist eine Erkrankung mit vielen Ausprägungen. Worauf sollten aus Ihrer Sicht Betroffene im Alltag achten – besonders durch die sich verändernden klimatischen Bedingungen und Umwelteinflüsse?
Für Betroffene gilt, dass eine gute Kenntnis über ihr Asthma von grundsätzlicher Bedeutung ist. Betroffene, die ihre Krankheit verstehen, können besser mit ihr umgehen, die vorhandenen Therapiemöglichkeiten besser nutzen und dadurch ganz generell eine höhere Lebensqualität gewinnen. Dies gilt besonders bei den sich im Rahmen des Klimawandels verändernden Temperaturen sowie auch Allergen-Expositionen. Daneben spielen selbstverständlich Luftschadstoffe, die auch durch den Klimawandel beeinflusst werden, eine weitere wesentliche Rolle.
In der europäischen Union leiden aktuell 100 Mio. Betroffene an allergischer Rhinitis (oder auch Heuschnupfen) und 70 Mio. Betroffene an allergischem Asthma bronchiale. Was können Betroffene, die häufiger an juckenden, tränenden Augen oder bei laufender, juckender oder ständig verstopfter Nase leiden, tun, damit es zu keinem Etagenwechsel von der Nase in die Lunge kommt?
Der so genannte Etagenwechsel von der zunächst einfachen Rhinitis zum Asthma tritt immer dann auf, wenn die Betroffenen das Risiko der Fortentwicklung ihrer Erkrankung nicht sehen oder nicht den notwendigen ärztlichen Beistand haben, den Etagenwechsel zu verhindern. Der Etagenwechsel tritt am häufigsten bei der allergischen Rhinitis durch Hausstaubmilben ein, daneben auch beim Heuschnupfen durch Baum –, Gräser- oder Kräuterpollen. Statistiken zeigen, dass der Etagenwechsel bei der Milbenallergie in etwa jedem zweiten Fall und bei Pollenallergien in jedem dritten Fall eintritt. Verhinderbar ist der Etagenwechsel am besten durch eine Allergenspezifische Immuntherapie, die heute mit Injektionen oder als sublingulale Immuntherapie durchgeführt werden kann.
Die heutigen Therapieansätze ermöglichen es, dass die meisten Asthmatiker ob mit Allergie oder ohne gut eingestellt sind. Dennoch können bis zu 10% an schwerem Asthma leiden. Können Sie unseren Lesern erklären, was schweres Asthma ist und woran sie es selber erkennen können?
Es ist völlig richtig, dass die Entwicklung der letzten zehn Jahre großartige Möglichkeiten geschaffen hat, auch Patienten mit schwerem oder schwersten Asthma deutlich besser zu behandeln. Zunächst spielen die inhalativen Steroide in genügender Dosis und Regelmäßigkeit, eine ganz wesentliche Rolle, daneben die lang wirksamen Erweiterer bei Unterstützung des Sympathikus und in manchen Fällen auch durch die Nutzung von Hemmern des Nervus Vagus. Falls dies nicht nutzt, so können mit großem Erfolg sogenannte Biologika eingesetzt werden, die bei richtiger Indikation eine wesentliche Verbesserung der Lebensqualität bei Vermeidung von Asthmaexazerbationen bringen können. Auch dabei ist es wichtig, die so genannte Adhärenz, d.h. die regelmäßige Einnahme der Medikamente zu befolgen.
Herr Bergmann: Wie unterscheidet man beim Asthma bronchiale aktuell, welche Therapie die richtige ist?
Bei der Therapie von Asthma ist es heute sinnvoll und notwendig zu erkennen, um welchen Asthma-Typ es sich handelt. Wir sprechen von sogenannten Phänotypen. Dabei kann es sich um das im Kindes– oder Jugendalter auftretende allergische Asthma handeln, oder um einen Erwachsenen-Alter oder um ein Asthma mit einer erhöhten Zahl an Eosinophilen Zellen im Blut charakterisiert ist oder es handelt sich um ein Asthma, bei dem eine so genannte Typ‑2 Entzündung den Hintergrund bildet, charakterisiert durch ein erhöhtes Stickoxid in der ausgeatmeten Luft, erhöhte Eosinophile und/oder ein erhöhtes IgE.
Und zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Wie sieht aus Ihrer Sicht die Therapie der Zukunft aus?
Ich erwarte, dass die Biologika noch weitere große Erfolge in der Asthmatherapie erzielen werden. Wir können hoffen, dass wir noch weitere Phänotypen erkennen und noch besser behandeln können, dass sich der Preis der Medikamente nach unten hin verändert und dass wir es vor allem erreichen, mithilfe der heutigen Möglichkeiten per App oder anderen online Verfahren die Patienten noch besser ambulant zu betreuen.
Vielen Dank Herr Prof. Dr. med. K.-Christian Bergmann für dieses interessante Interview.