Europäische Experten formulieren eine neue Kurzleitlinie für mildes Asthma und empfehlen anstelle der heutzutage üblichen niedrig dosierten ICS-Dauertherapie (inhalativen Kortikosteroide) ein ebenfalls im Inhalator angebotenes Kombinationsmedikament ICS/Formoterol, das jedoch nur bei akutem Bedarf genutzt werden soll. Damit stärken sie das Selbstmanagement der Patienten, die sehr gut entscheiden können, was ihnen wann gut tut.
Eine internationale Arbeitsgruppe hat im Auftrag der European Respiratory Society (ERS) eine evidenzbasierte, also auf solider Datenbasis gegründete, Empfehlung für eine Neubewertung der Therapie bei bei leichten Asthma der Stufe 1 ausgesprochen. Die Experten stützen sich auf vier medizinisch-wissenschaftliche Studien mit gemeinsam mehr als 8.000 Asthma-Patienten: anstelle einer Dauertherapie mit niedrig dosierten Medikamenten sollte zukünftig nur noch bei Bedarf, also bei einer akuten Asthma-Attacke per Inhalator eingesetzt werden — dann aber eine hochwirksame Medikamentenkombination. Ein großer Vorteil dieser Therapieform sei, dass die Patienten dann unmittelbar Linderung spüren und motiviert sind ihre Medikamente korrekt einzunehmen. Bei einer Dauertherapie ist das nicht immer der Fall
Empfohlen wird dafür die Arzneimittelkombination ICS/Formoterol in einem Bronchodilatator. Das ICS-Kortikosteroid weitet die Bronchien durch lokale Entzündungshemmung. Das Glukokortikoid Formoterol entspannt die verkrampfte Atemmuskulatur. Abschwellen der Atemwege und eine Lockerung der Verkrampfung bewirkt eine rasche Linderung der akuten Asthma-Attacke.
Die Autoren der Leitlinie sehen den wesentlichen Vorteil einer bedarfsorientierten Therapie gegenüber der Dauertherapie, dass eine Medikamentengewöhnung vermieden wird. Besonders betroffen sind davon offensichtlich Menschen mit leichtem Asthma, die auf die Medikamente der Dauertherapie nicht gut ansprechen oder bei geringem Leidensdruck die regelmäßige Einnahme vernachlässigen. Man möchte so verhindern, dass solche Patienten eine SABA-Monotherapie (short-acting beta2-agonist, Formoterol) nutzen, was ein „beträchtliches Problem bei leichtem Asthma darstellt“, erklärte Prof. Beasley. Zugleich reduziere man den ICS-Gewöhnungseffekt. Bei rein bedarfsgesteuerter Therapie lag die mittlere tägliche ICS-Dosis mehr als die Hälfte niedriger. „Wir sehen also eine mögliche Reduktion schwerer Exazerbationen, obwohl die Patienten eine um mehr als 50 % geringere ICS-Dosis nahmen“, erklären die Forscher den Effekt.
Die Bedarfstherapie entlastet die Patienten von dem Zwang zur regelmäßigen Einnahme und von einer erheblichen Mengen an Medikamenten. Gleichzeitig halbierte sich die Zahl schwerer Exazerbationen, verringerte Notaufnahmebesuche auf ein Viertel und verbesserte Asthmakontrolle und Lebensqualität. „Das Nebenwirkungsrisiko unter der Kombination ist als trivial einzuschätzen und die höheren Arzneimittelkosten werden durch die vermiedenen Exazerbationen mehr als aufgewogen“, so die Forscher in ihrem Fazit. Bei mildem Asthma sei das Timing der ICS-Applikation wichtiger als die Tagesdosis. So erstaunt es nicht, dass neun von zehn Patienten, die Bedarfstherapie bevorzugen. Die ERS-Experten leiteten daraus die Empfehlung ab, Erwachsenen mit leichtem Asthma bevorzugt die Bedarfstherapie als Fixkombination in einem einzigen Inhalator anzubieten.
Jedoch kann diese Empfehlung hierzulande nicht so einfach und vor allem nicht kurzfristig umgesetzt werden, denn die ICS/Formoterol als Bedarfstherapie hat in Deutschland für leichtes Asthma noch keine Zulassung. Ein Paradox: Die ICS/Formoterol-Fixkombination wird seitens der Global Initiative for Asthma (GINA) und der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) Asthma empfohlen, die Gesamtheit der pneumologischen Fachgesellschaften hat diese bereits im Addendum 2020 für die Überarbeitung der S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma (2017) angemahnt — und dennoch ist sie bislang (2023) in Europa noch nicht zugelassen. Für Patienten, die sich ein selbstbestimmtes Asthma-Management zutrauen, könnte sich ein Gespräch mit ihrem Arzt lohnen, ob eine Off-Label-Verschreibung möglich wäre. Durch die Unterstützung des Asthma-Assistenten breazyTrack gelingt es leichter, die nötige Souveränität im Alltag zu gewinnen.