Jede Form von Übergewicht ist ein wirkmächtiger Risikofaktor
Menschen mit umfangreichem Energiespeicher leiden als Erwachsene mit größerer Wahrscheinlichkeit an Asthma als ihre hageren Altersgenossen. Das konnte eine Übersichtsstudie bestätigen. Womöglich ist daran auch eine besondere Variante von Stoffwechselstörungen beteiligt.
Um die Relevanz des Körpergewichts für die Gesundheit zu werten gibt es mehrere Methoden: Erhöhter Body-Mass-Index (BMI), ausdehnender Taillenumfang oder die Zunahme beim Körpergewicht. Eine Übersichtsstudie mit Daten aus Indien, Großbritannien und Norwegen bestätigte diese These für alle drei Kriterien. Dabei ergab sich auch eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen höheren Adipositaswerten und dem Asthmarisiko. In ihrem Fazit erhoffen sich die Autoren der Studie, dass im Zuge einer wirkungsvollen Eindämmung der weltweiten Epidemie von Übergewicht und Adipositas, das Asthma-Risiko vieler Menschen gesenkt werden könne.
Ein Forscherteam der Phillips-Universität (Marburg) untersuchte den Zusammenhang zwischen Adipositas und Entzündungsprozessen der Atemwege auf molekularer Ebene. „Patientinnen und Patienten mit Übergewicht entwickeln häufig eine spezielle Art von Asthma, die sich von anderen Asthma-Formen hinsichtlich der zugrunde liegenden Krankheitsmechanismen unterscheidet“, erklärt Teamleiter Prof. Dr. Holger Garn den Forschungsansatz. Offensichtlich besteht ein Zusammenhang zwischen entzündlichem Fettgewebe bei Übergewicht und den Entzündungsprozessen in der Lunge bei Asthma — doch der Mechanismus sei bislang noch nicht verstanden.
Moderne Forschung kann sich nicht auf die Arbeit einer Forschungsgruppe stützen. So schlossen sich für dieses Projekt mehrere Forschungsstandorte zusammen, von denen viele dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung angehören. Dieses Netzwerk fokussierte auf Bestandteile des Blutes, die extrazellulären Vesikel (extra cellular vesikel, ECV). Das sind kleine Membranpartikel, die von nahezu jeder Zelle abgegeben und von einer Vielzahl an Zellen wieder aufgenommen werden können. So übertragen sie Informationen von einer Zelle zur anderen, beispielsweise in Form von kurzen RNA-Molekülen, Peptiden, Proteinen und bioaktiven Lipiden. Aufgrund dieser vielfältigen molekularen Ausstattung geben die ECV auf Ebene der einzelnen Zellen Auskunft über Gesundheits- und Krankheitszustände.
„Wir konnten nun erstmals zeigen, dass die Zusammensetzung der Mikro-RNAs in diesen Vesikeln sich unterscheidet, je nachdem, ob sie von Asthmatikern mit Übergewicht, von anderen Personen mit Asthma oder von Gesunden stammen“, erklärt Prof. Garns die Ergebnisse der Studie. Besonders aufschlußreich war die Untersuchung kleiner RNA-Stränge aus den ECV: Sie traten bei Menschen mit Asthma und bei Menschen mit chronischem Übergewicht gleichermaßen auf. Im Fazit beschreiben die Forscher die besondere Bedeutung der Studienergebnisse: „Wir haben somit einen Zusammenhang der entzündlichen Prozesse von zwei bedeutsamen Zivilisationserkrankungen aufgeklärt: Übergewicht und Asthma“.
Menschen mit Asthma, die bislang ihre Atemprobleme mit dem eigenen Übergewicht in Verbindung brachten bedeuteten die Ergebnisse der beiden Studien: Ja, es besteht ein Zusammenhang, womöglich ist auch eine spürbare Kreislaufbelastung beteiligt doch mit großer Wahrscheinlichkeit stimuliert die chronische Entzündung des Fettgewebes die Entzündungsprozesse in der Lunge.